2025
Adieu, Ihr Gletscher!
Kurzfilmabend mit Gesprächsrunde zum Welttag des Wassers und der Gletscher
Am 22. März findet seit Jahren der von der UN ausgerufene Welttag des Wassers statt. Dieses Jahr wird am Tag davor, am 21. März 2025 zum ersten Mal der von der Weltwetterorganisation (WMO) ausgerufene Weltgletschertag begangen. Das gesamte Jahr 2025 ist bekanntlich Weltgletscherjahr. Am Donnerstag, 20. März 2025 wurde im FILMCLUB in Bozen ein Abend ganz im Sinne dieser beiden Welttage abgehalten.
Zwei Welttage also zu einem Thema, das uns in den kommenden Jahren auch im Hinblick auf unsere Ernährungssouveränität beschäftigen wird: Das Wasser als Lebenselement. Gletscher spielen im globalen Wasserkreislauf eine entscheidende Rolle. Sie speichern etwa 70 % des süßen Wassers der Erde und fungieren als natürliche Wasserspeicher, die Flüsse, Seen und Grundwasserreservoirs speisen. Durch den Klimawandel schrumpfen die Gletscher rapide – mit gravierenden Folgen für Ökosysteme, Wasserressourcen und die menschliche Sicherheit.
Im Rahmen der Kampagne "Mahlzeit" der OEW fand im Filmclub Bozen eine besondere Veranstaltung zum Thema Wasserknappheit und Gletscherschmelze statt. Der Abend begann mit der Vorführung des Kurzfilms The Ice Builders, der eine kleine Realität im Himalaya beleuchtet und zeigt, wie Dorfbewohner in der abgelegenen Zanskar-Region versuchen, Wasser für den Sommer zu speichern. Ohne Pumpen sind sie vollständig von Regen, Schnee und Gletschern abhängig. Doch das Klima verändert sich – es wird nicht mehr so kalt wie früher. Die Botschaft eines Bewohners aus der Hochgebirgsregion: “People in cities should live simply so that we simply can live” Die Menschen in den Städten sollten einfacher leben, damit jene in höheren Lagen weiterhin existieren können.
Gletscher spielen eine essenzielle Rolle im globalen Wasserkreislauf. Sie speichern 75 % des weltweiten Süßwassers, doch bis 2100 könnten sie zwischen 20 % und 50 % ihrer Masse verlieren – mit gravierenden Folgen für Wasserverfügbarkeit und Biodiversität. Diese Thematik stand im Zentrum der anschließenden Diskussionsrunde mit renommierten Experten:
Roberto Dinale, Glaziologe, Amtsdirektor im Amt für Hydrologie und Stauanlagen
Georg Kaser, Glaziologe, Klimaforscher
Linda Schwarz, Aktivistin bei POW PROTECT OUR WINTERS
Gottfried Leitgeb, ehemaliger AVS-Hüttenwirt
Brigitte Gritsch, Gemeinschaftsgärtnerin, Koordinatorin der Südtiroler Weltläden
Während der Diskussion wurde deutlich, dass es für die Gletscher in Südtirol bereits zu spät sein könnte. Roberto Dinale sprach von den noch rund 166 existierenden Gletschern, doch Georg Kaser betonte, dass es in Südtirol nichts mehr zu schützen gäbe – die Schmelze sei bereits voll im Gange. Dinale hob hervor, dass Klimaanpassungsmaßnahmen notwendig sind und sie mit allen InteressensvertreterInnen abgestimmt werden müssen. Eine Frage aus dem Publikum bezog sich auf die geplanten Speicherbecken in Kaltern: Es sei essentiell, die verschiedenen Standpunkte und die Dringlichkeit abzuwägen und geeignete Lösungen gemeinsam zu definieren.
Auch Gottfried Leitgeb, mit über 40 Jahren Erfahrung als Hüttenwirt der Rieserfernerhütte, betonte die Notwendigkeit, sich für die Zukunft zu rüsten. Er stellte in den Raum, ob es auf hochgelegenen Hütten wirklich Duschen mit Warmwasser und sonstigem Luxus benötige. Schließlich handle es sich um Schutzhütten und keine Hotels. Brigitte Gritsch, die im Vinschgau einen Selbstversorgergarten für Freunde und Familie betreibt, merkte an, dass in Zeiten der Wasserknappheit Selbstversorgergärten in der Verteilerhierarchie ncht vorkommen.
Linda Schwarz wurde gefragt, ob es nicht egoistisch sei, "das zu schützen, was man liebt, aus reiner Vergnügung". Ihre Antwort bewies das Gegenteil: Der Outdoor-Sport biete eine Plattform, um eine privilegierte Gesellschaftsschicht zu erreichen und für den Klimaschutz zu mobilisieren. Aktivismus nehme heute neue Formen an und werde von bekannten SportlerInnen unterstützt und nach außen getragen. Georg Kaser ergänzte, dass genau solche Organisationen in dieser Phase der Erderwärmung nötig seien, um auf schwerwiegende Folgen für Mensch und Natur aufmerksam zu machen. Die Politik sei bislang nicht in der Lage gewesen, dieses Problem zu lösen – es müsse ein Umdenken auf Wählerseite stattfinden.
Den zweiten Teil des Abends bildete die Vorführung des Films Downstream, produziert von POW in Zusammenarbeit mit Icebreaker. Der Dokumentarfilm thematisiert die globalen Auswirkungen des Klimawandels auf Flüsse und die Gesellschaft vor Ort. Er zeigt auf, welche Verantwortung sowohl Einzelpersonen als auch die Outdoor-Industrie tragen, um dem drastischen Klimawandel entgegenzuwirken.
Die Problematik des Gletscherschwunds hat inzwischen auch auf internationaler Ebene hohe Relevanz erlangt. Die Vereinten Nationen haben das Jahr 2025 offiziell als "Internationales Jahr des Gletscherschutzes" ausgerufen. Der Film Downstream wurde kürzlich auf der renommierten Sustainability Week des Economist in London präsentiert und beim UNESCO Headquater in Paris, anlässlich des Welt-Gletscher- und Weltwassertags gezeigt. Auch in New York wird der Trailer zum Film im UN-Hauptquartier, mit der Alpinistin Angela Hawse, präsentiert. Ein weiterer Höhepunkt: Am 8. April wird Downstream im EU-Parlament gezeigt, um auf die Relevanz der Thematik aufmerksam zu machen.
Die Outdoor-Community fordert Europa dazu auf, Verantwortung zu übernehmen und Maßnahmen für eine lebenswerte Zukunft zu ergreifen. Der Schutz der Gletscher ist nicht nur eine Frage der Bergwelt, sondern eine globale Krise, die Trinkwasserversorgung, Nahrungsmittelproduktion und Energiegewinnung betrifft.
Zum Abschluss rief Linda Schwarz als Aktivistin dazu auf, sich aktiv in die Gemeindeentwicklungsprogramme für Raum und Landschaft einzubringen. Der partizipative Prozess sei eine gute Möglichkeit, dem Klimawandel vor Ort entgegenzuwirken. Durch ko-kreative Ansätze könnten die Menschen selbst die Veränderungen der nächsten 15–20 Jahre mitgestalten.
In den Medien
Zur deutschen und italienischen Pressemitteilung - Al comunicato stampa in tedesco ed italiano