2025
Zum Nachlesen: KlimaAdventsKalender 2025
Herzlich Willkommen beim digitalen Begleiter des Klima-Adventkalenders 2025! Er bildet nach einer erfolgreichen ersten Auflage 2024 die zweite Version des Klima-Adventkalenders, die dank der Zusammenarbeit der Katholischen Jungschar Südtirols besonders Kinder und Jugendliche, aber natürlich alle Interessierten ansprechen möchte. Jeden Tag bis Weihnachten schlägt er eine Klimatat vor, die am besten auch nach Weihnachten als Gewohnheit bleibt!
Hier finden Sie die Hintergründe und Überlegungen zu den Themen, die im Klimakalender vorkommen sowie Quellenangaben und Lese-Tipps. Falls Sie sich bei einigen Türchen gefragt haben, was das denn mit Klima zu tun haben soll, sind Sie hier an der richtigen Stelle!
Die Kalender liegen in vielen Bibliotheken auf und werden über die Südtiroler Weltläden, über das Amt für Dialog der Diözese Bozen-Brixen am Bischöflichen Ordinariat in Bozen und über das Institut De Pace Fidei am Priesterseminar in Brixen verteilt.
Für alle, die unseren Kalender noch nicht kennen, hier wird er von Salto, TV33, von Alto Adige TV (ab Minute 15) und der Dolomiten vorgestellt.
Kleidung
Die eigenen Kleidungsstücke zählen, wozu das denn? Schätzungen zufolge tragen wir sie im Schnitt nur sieben Mal,[1] demenstsprechend hat sich die globale Textilproduktion seit 2000 verdoppelt. Und wenngleich Zahlen in diesem Bereich stets Schätzungen sind und mit Vorsicht zu behandeln sind (auch dieser Mangel an verlässlichen Zahlen ein Problem für die Lösungsfindung): Ca. 92 Millionen Tonnen davon werfen wir jährlich wieder weg (Italiens Kleidermüllmenge ist weltweit an vierter Stelle).[2] Produziert haben wir bereits genug Kleidung für die nächsten 6 Generationen. Das Problem dabei? Ihre Produktion ist unglaublich ressourcenintensiv. Aus diesem Grund möchten wir mit unserem KlimaKalender für einen reduzierten Textilkonsum plädieren und an alternative Angebote wie Kleidertauschpartys erinnern. Denn: Bereits die Rohstoffbeschaffung für Kleidung kostet, sei es der Anbau von Baumwolle, meist in pestizidintensiven Monokulturen, oder der Abbau von Erdöl. Dann kommt das Färben der Stoffe, häufig mit hochgiftigen Chemikalien, die nicht sachgemäß entsorgt werden – und 20% der Verschmutzung von sauberen Gewässern verantworten.[3] Von den menschenunwürdigen Produktionsbedingungen für die Arbeiter*innen sprechen wir gar nicht. Außerdem kommt der Transport dazu; vielleicht haben Sie schon mal die Statistik der Jeans gehört, die schon vor Ankunft beim Endkunden beinahe 50.000 Kilometer hinter sich hat.[4] Da wird klar, warum 10% der Treibhausgase auf die Textilindustrie zurückgehen.[5] Und nach dem Verbrauch? Schätzungen zufolge landen nahezu zwei Drittel des Textilmülls auf Deponien, wo sich Polyester & Co. mit der Zeit aus den Fasern lösen und gemeinsam mit Reifenabrieb als Spitzenursache von Mikroplastik wieder in unserem Wasserkreislauf und somit auf unserem Teller landen. MahlZeit!
Vielleicht sehen wir uns bei den nächsten Kleidertauschpartys, am 11. Dezember und 16. Jänner, jeweils im Bozner Goethaus von 17 bis 20.30 Uhr?
Gemeinschaft und Elektronik
„Frustshopping“, ein Wort, das das Kapitalozän wohl gut erfasst: Konsum statt Gemeinschaft, Kommodifizierung von Wohlbefinden, Kaufen als Recht. Antwort oder Ursache einer Gesellschaft, die einsamer wird.[6] Kann dieser grenzenlose Konsum, mit all seinen Kosten für Klima und Umwelt, aber wirklich unser Bedürfnis nach Verbindung ersetzen?
Unter den Gründen für Einsamkeit gaben 73% der Teilnehmer*innen bei einer Umfrage Technologie an. Die digitale Wende hat sehr viel Positives erreicht. Trotzdem sind wir überzeugt, dass ein bewusster Umgang mit Technologie – was in einer modernen Welt leichter gesagt als getan ist – mit sich auch stärkere soziale Verbindungen und ein konkreteres Verhältnis mit der Umwelt bringt. Jemand, die oder der verwurzelt in Gemeinschaft und Natur lebt, hat auch mehr emotionale und intellektuelle Ressourcen für Empathie, Gerechtigkeit, Interesse.
Neben ihren sozialen Auswirkungen hat auch die Infrastruktur, auf die unsere digitale Welt aufbaut, viele Schattenseiten. Um zu den Metallen für unsere digitalen Begleiter zu kommen, entstehen in den Abbaugebieten und nicht nur astronomische Kosten für Mensch, Tier und Umwelt, weil Wasser, Luft und Boden in kürzester Zeit stark verseucht werden, wenn Abfallprodukte des Abbaus, wie meist der Fall, nicht regelkonform entsorgt werden (s. Link am Ende der Seite). Massiv sind auch die Kosten von KI, wie etwa der sehr hohe Wasser- und Energieverbrauch und die elektronische Abfallprodukte der Datenspeicherzentren wie Blei und Quecksilber.[7] Für soziale und ökologische Gesundheit möchten wir mit unserem Klima-Adventskalender daher zum achtsamen Konsum von Handys, Computern, KI anregen - im physischen (wie oft wir die Geräte wechseln) und digitalen Sinn (wie viel wir sie verwenden). Wir hoffen, Ideen für Momente der Gemeinschaft und des bildschirmfreien Beisammenseins geliefert zu haben!
Ernährung
Klimaaktivist*innen pochen häufig auf einen reduzierten Fleisch- und Tierproduktekonsum. Doch was steckt wirklich dahinter? Ist es wirklich notwendig, dass wir ab morgen alle vegan leben?
Dass ein verringerter Konsum von tierischen Produkten der Gesellschaft insgesamt viele Vorteile bringt, ist eindeutig belegt. 23% aller Treibhausgasemissionen gehen auf die Lebensmittelproduktion zurück, und davon wiederum 16% auf die Abholzung für Wäldern für Tierhaltung/-futter und 14% auf enterische Emissionen. Das bedeutet, dass 30% der THG der Lebensmittelproduktion auf Tierprodukte zurückgehen, die jedoch nur 10% der weltweit produzierten Kalorien ausmachen. Auch für die Produktion von Lebensmitteln ist eine pflanzliche Ernährung effizienter: Von den 1740 kcal an pflanzlichen Lebensmitteln, die wir weltweit pro Person und Tag für das Futter von Nutztieren produzieren, werden nur 590 kcal an Fleisch und Milchprodukten produziert. Ähnlich verhält es sich übrigens auch bei Protein: Von den pflanzlichen Proteinen, die Nutztiere aufnehmen (wovon ein Großteil auch für Menschen verzehrbar ist), sind nur etwa ein Viertel in Form von Fleisch und Milch für Menschen verwertbar. [8] Interessant sind auch die Klimaauswirkungen von verschiedenen anderen Produkten. Oft ist wichtiger, wie etwas transportiert wird als wo es herkommt. Die größten Emissionen gehen nämlich auf den Flugverkehr zurück, während Schiffstransport sehr nachhaltig sein kann. So ist etwa eine Traube aus Kalifornien, aber auch ein Salat aus Spanien, die aufgrund der kurzen Reifespanne eingeflogen werden müssen, emissionenintensiver als etwa eine Banane aus dem weiter entfernten Peru, die per Schiff transportiert werden kann.
Besonders bei etwas so Persönlichem und Wichtigem wie Ernährung können und wollen wir niemandem etwas vorschreiben. Das Ziel des Klimakalenders ist es lediglich, kleine Vorschläge zu machen, um in kleinen Schritten ein wenig mehr pflanzliche, lokale und fair gehandelte Lebensmittel in unsere Ernährung einbauen zu können, zugunsten unserer Gesundheit und des Klimas.
Globale Gerechtigkeit
Manchmal kommt bei Klimadebatten das Totschlagargument: „Solange Land X nichts macht, brauchen wir keinen Klimaschutz zu machen, es bringt ja eh nichts“. Doch es bringt etwas: Es gibt viele „tipping points“, und auch wenn wir die 1,5 Grad Grenze mit all ihren Folgen so oder so überschreiten, macht es trotzdem noch einen großen Unterschied, ob wir sie um 0,5 oder 1 Grad überschreiten. Und so ist die Frage der Handlungspflicht auch eine Frage der Verantwortung. Historisch gesehen haben Europa und Amerika gemeinsam über 50% der Treibhausgasemissionen verschuldet, d.h., aller Treibhausgase, die jetzt in der Atmosphäre sind.[9] Diejenigen, die hingegen am wenigsten zu dieser Situation beigetragen haben, leiden am meisten unter den Folgen der Klimakrise. Wärmere Temperaturen, Trockenheit, Überschwemmungen, extreme Wetterereignisse und Anstieg der Meereshöhe betreffen den globalen Süden unverhältnismäßig mehr.[10] Nachhaltigkeit ist also nicht nur eine Frage des Klimaschutzes, sondern auch von Gerechtigkeit – Klimagerechtigkeit. Ebenso verhält es sich mit anderen Fragen des Umweltschutzes; viele „Nebenwirkungen“ unserer Konsumgesellschaft werden ausgelagert, wo Leidtragende ebenso sehr oft diejenigen sind, die nichts dafür können: Müllberge an Altkleidern in Ghana und der Atacamawüste; ganze Regionen Perus oder der Demokratischen Republik Kongo, in denen der Minenabbau Wasser, Boden und Luft mit hochgiftigen Metallen verschmutzt und zudem den Waffenankauf finanziert; das Schrumpfen der Anbauzonen für Kakao und somit der Verlust der Lebensgrundlage vieler Bäuer*innen. In so vielen Aspekten sind die Dynamiken der Klimakrise wie so vieles eine Reproduktion kolonialer Strukturen, die wir auch in unseren täglichen kleinen Handlungen Stück für Stück abbauen und mit neuen Gewohnheiten ersetzen können - im KlimaAdventKalender ein paar Vorschläge dazu :)
Unsere Top-Tipps für fundierte Informationen und eine umfassende Übersicht darüber, wo unsere Prioritäten in der Lösung der Klimakrise liegen sollten:
Do geaht nou a bissl von Thomas Benedikter (2024), Bestandsaufnahme der Klimasituation in Südtirol und Analyse des Südtiroler Klimaplans. Perfekt für alle, die noch der Meinung sind, Südtirol sei Klimavorreiter und ohnehin unschuldig, weil wir ja Wasserkraft haben…
There is no Planet B von Mike Berners-Lee (2019).
Source International, eine Organisation, die in zahlreichen Abbaugebieten wie Cerro de Pasco (Peru) oder Valle de Siria (Honduras) hochqualitative Studien über die Auswirkungen vor Ort durchgeführt hat: https://www.source-international.org/
Ein kurzes Video, das die Menge unseres Textilverbrauchs veranschaulicht: https://www.youtube.com/watch?v=YFPnqjSXEAc&t=151s
Blood in the Mobile, Dokumentarfilm über die sozialen Kosten des Abbaus von Kassiterit in der DRK (2010): https://www.youtube.com/watch?v=Tv-hE4Yx0LU
[1] https://www.projectcece.co.uk/blog/506/how-many-times-do-we-wear-our-clothes/
[2] https://www.unep.org/technical-highlight/sustainable-fashion-take-centre-stage-zero-waste-day
[3] https://www.businesswaste.co.uk/your-waste/textile-recycling/fashion-waste-facts-and-statistics/
[4] Ramge, Thomas (2018), The Global Economy as You’ve Never Seen It, S. 89
[5] https://content.ellenmacarthurfoundation.org/m/6d5071bb8a5f05a2/original/A-New-Textiles-Economy-Redesigning-fashions-future.pdf
[6] https://www.theguardian.com/global-development/2023/nov/16/who-declares-loneliness-a-global-public-health-concern
[7] https://unric.org/en/artificial-intelligence-how-much-energy-does-ai-use/
[8] Mike Berners-Lee (2019), There Is No Planet B. 16-17, 22-23, 31
[9] Benedikter, Thomas (2024), Do geaht nou a bissl, S. 60-61
[10] Climate-induced migration in the Global South: an in depth analysis. https://www.nature.com/articles/s44168-024-00133-1

